Immer mehr – immer grüner?! Ökologischer Fußabdruck von Paketsendungen
DINalog-Moderation Sibylle Gabler mit Impulsgeber Walter Trezek
Rückblick auf die Parlamentarische Frühstücksreihe „DINalog“ am 28.04.2022
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Über vier Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen (KEP) wurden im Jahr 2020 in Deutschland verschickt, rund elf Prozent mehr als im Jahr davor: Eine große Herausforderung für die Logistikbranche, denn auch das Bewusstsein der Kund*innen für die Gefahren des Klimawandels ist gewachsen. Sie fordern Nachhaltigkeit beim Transport ihrer Sendungen. Die Methodiken zur Berechnung und Ausweisung von Treibhausgas-Emissionen und Luftschadstoffen bei der Paketbeförderung sind dabei eine wichtige Grundlage zur Umsetzung und zum Nachweis des Einhaltens der Klimaschutzziele.
Wie lassen sich die Digitalisierung im modernen Handel, das Wachstum des Onlinehandels und die damit verbundenen steigenden Paketmengen in Einklang mit den ehrgeizigen internationalen Klimaschutzzielen bringen? Und welchen Beitrag können Standardisierungsprojekte dazu leisten? Diese Fragen standen am 28.04.2022 im Zentrum des parlamentarischen „DINalogs“, bei dem sich DIN unter Moderation von Sibylle Gabler, Leiterin Regierungsbeziehungen bei DIN, mit Mitgliedern des Deutschen Bundestags sowie Vertreter*innen von Bundesministerien austauscht, um Anregungen aus der Politik in die Welt der Normung mitzunehmen.
Digitalisierung ermöglicht Ökologisierung
Als Impulsgeber fungierte Walter Trezek, Geschäftsführender Gesellschafter der Document Exchange Network GmbH sowie Vorsitzender des beratenden Komitees im Weltpostverein und CO-Chairman der Arbeitsgremiums E-Logistics beim Verband Ecommerce Europe. Er verdeutlichte, dass der digital gestützte Einzelhandel mit seinen Konsument*innen und dessen Zustellung in Form von Paketsendungen die Ökologisierung erst ermöglicht: „Daten zu jedem Paket, zu dessen Inhalt sowie Verpackung werden digital gesammelt und verknüpft mit Informationen zu Annahme, Transport, Fracht, Lager, Depots sowie Abgabe der Paketsendungen“, erläutert Trezek.
Mit OSCAR (Online Solution for Carbon Analysis and Reporting) habe der Weltpostverein ein sektorspezifisches Mess- und Berichtswesen des ökologischen Fußabdrucks entwickelt. „Über diese interaktive Online-Plattform können Postunternehmen in den Mitgliedsländern des Weltpostvereins ihre Treibhausgasemissionen analysieren und melden sowie Möglichkeiten zur Verringerung der Treibhausgasemissionen identifizieren“, berichtet der Impulsgeber. So findet eine Ende-zu-Ende Messung auf Einzelsendungsebene statt: lokal, regional und weltweit.
Normung als Grundlage der Geschäftstätigkeit
Nachhaltigkeitsberichte und Nachweise folgen dabei gesetzlichen und normativen Vorgaben. So basiert OSCAR z. B. auf der Messmethodik des Greenhouse Gas-Protokolls und ist ebenso mit der internationalen Norm ISO 14001 für Umweltmanagementsysteme sowie der Global Reporting Initiative abgestimmt. Normen ermöglichen dabei Zertifizierungen und Audits, aber auch politische Lenkungsmaßnahmen, wie z. B. Förderungen, Quotenregistrierung und Re-finanzierung.
„Wirtschaftsbeteiligte haben verstanden, dass Normung für den Zustellmarkt von herausragender Bedeutung ist, da sie den Zugang zu dem Sektor gewährleisten“, unterstreicht Trezek. „Dementsprechend sind alle interessierten Kreise, die an dem Markt teilnehmen, in der Normung aktiv. Denn Normen sind die Grundlage der Geschäftstätigkeit.“ Mit der fortschreitenden Digitalisierung sei es entscheidend, genau zu wissen, wie Datenstrukturen und Prozesse miteinander Hand in Hand funktionieren. Dies basiere auf deutschen, europäischen und internationalen Normen.
„Leuchtturmbeispiel“ von Normung für Konsumenten
„Mit verbindlichen, postsektorspezifischen Messnormen zum ökologischen Fußabdruck in der Paketzustellung kann die CO2- oder THG- Belastung pro Paketsendung dargestellt werden und wird auch im Wettbewerb Berücksichtigung finden“, so Trezek. Auch die EU-Kommission habe dies erkannt und werde in Umsetzung der Postdienste-Richtlinie ein fünftes Mandat an die europäische Normungsorganisation CEN vergeben. Als Grundlage hierfür wurde die Europäischen Norm DIN EN 17837 „Ökologischer Fußabdruck der Paketzustellung – Methodik zur Berechnung und Deklaration von THG-Emissionen und Luftschadstoffen von Paketlogistik-Zustelldiensten“ erarbeitet. Der Norm-Entwurf liegt seit dem 15.04.2022 zur Prüfung und Stellungnahme im DIN-Normenentwurfsportal vor. Nach Erscheinen wird die Norm nach den Vorgaben des Unionsrechts im Amtsblatt der EU-Kommission als „Stand der Technik“ für den Postmarkt der EU veröffentlicht.
Als „Leuchtturmbeispiel, wie die Normung für Konsumenten in Deutschland funktionieren kann“, bezeichnet Trezek darüber hinaus eine in Arbeit befindliche DIN SPEC, die beschreibt, wie Briefe und Warensendungen in das freie Zustellnetz eingebracht werden können. „Durch die Kommunikation der Marktbeteiligten miteinander am runden Tisch hat man sich auf gemeinschaftliche Standards geeinigt. Diese dienen als Grundlagen eines Netzes für ganz Deutschland“, erklärt er. Die DIN SPEC wird nach Erscheinen öffentlich und kostenfrei zugänglich sein.
Entscheidungsgebende Mitwirkung der Politik gefragt
Im Austausch mit den Teilnehmenden wünscht sich Trezek eine stärkere Beteiligung der Politik in der Normungsarbeit, nicht nur von der EU-Kommission und dem EU-Parlament, sondern auch von den Bundesministerien und deren Fachmitarbeitenden. „In der Normung wird die Grundlage für den Wirtschaftsstandort Deutschland erarbeitet. Hier ist eine richtungsgebende Mitwirkung der Politik und frühzeitige Begleitung durch politische Entscheidungsträger wesentlich“, appelliert der Impulsgeber.
Mandate der EU-Kommission an die Normungsorganisationen seien eine klare Richtungssetzung auch für die einzelnen Mitgliedsstaaten, die diese begleiten und umsetzen müssen. „Der Gesetzgeber gibt den Rahmen im Post- und Transportbereich vor. In vielen der Verordnungen und Richtlinien gibt es die Möglichkeit durch den Gesetzgeber, Beauftragungen an die Normung zu geben. Dort sind die Wirtschaftsvertreter eingebunden, die viel näher am Thema sind. Diese haben dann die Aufgabe, den Markt entsprechend des politischen Rahmens zu gestalten“, so das Fazit von Trezek.