Zur Bedeutung der Landtagswahlen für die Bundespolitik
Artikel auf LinkedIn
1. Die Erfolgsserie der SPD bei den jüngsten Wahlen ist erst einmal vorbei. Mit der Wahl in Schleswig-Holstein wird vorläufig ein Schlussstrich gezogen unter die Geschichte des Niedergangs der CDU. Offen ist allerdings die Frage, ob das eine Momentaufnahme ist oder schon die Trendwende.
2. Bei den Grünen wird sich das Ergebnis in Schleswig-Holstein kombiniert mit der Erwartung auf Erfolg in NRW auf die Anspruchshaltung im Bund auswirken. Die Grünen sehen sich im Bund als einen der beiden größeren Partner. Für die FDP wird es in NRW also darum gehen, dass sich diese Lesart nicht festsetzt.
3. CDU-Chef Friedrich Merz kann den Erfolg aus Schleswig-Holstein gut gebrauchen – auf einen Erfolg in Nordrhein-Westfalen ist er dringend angewiesen. Nicht nur weil es dabei um die Macht in seinem Heimatbundesland geht, sondern auch um das politische Kräfteverhältnis im Bund.
4. Im Bundesrat könnten die möglichen Regierungswechsel für die CDU einen signifikanten Machtverlust bedeuten. Der Bundesrat hat 69 Stimmen. Bei zustimmungspflichtigen Gesetzgebungsverfahren ist eine absolute Mehrheit von 35 Stimmen, bei Verfassungsänderungen eine Zweidrittelmehrheit von 46 Stimmen notwendig. Die Bundesländer müssen alle Stimmen gemeinsam abgeben und können nicht parteitaktisch ihre Stimmen aufteilen. Betrachtet man den Einfluss einzelner Parteien auf die Position im Bundesrat, ergibt sich folgendes Bild:
- Union: neun Regierungsbeteiligungen, davon sechs Ministerpräsidenten, Einfluss auf 45 Stimmen
- SPD: elf Regierungsbeteiligungen, davon acht Ministerpräsidenten, Einfluss auf 42 Stimmen
- Grüne: zehn Regierungsbeteiligungen, davon ein Ministerpräsident, Einfluss auf 41 Stimmen
- FDP: vier Regierungsbeteiligungen, Einfluss auf 18 Stimmen
Die Union besitzt dadurch ein Blockadepotenzial bzw. dadurch starke Verhandlungsposition im Bundesrat für zustimmungspflichtige Gesetzgebungsverfahren. Niedersachsen und NRW, mit jeweils sechs Stimmen, würden bei ausbleibender Regierungsbeteiligung den Einfluss der Union auf 33 Stimmen reduzieren, womit die Mehrheit im Bundesrat verloren ginge.
5. Bei Wahlniederlagen in NRW und Niedersachsen könnte der Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz an Reputation verlieren. Zudem verlöre die CDU zwei wichtige und prominente Politiker in Machtpositionen in den größten westdeutschen Bundesländern.
Florian Seikel
Managing Director
Tel. +49 162-2561001