Gemeinsame Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung – Gesetz zur Ermöglichung von Auskunftsverlangen über retrograde und künftige Postsendungsdaten

logistic-natives e.V. und Bundesverband Kurier- Express & Postdienste (BdKEP) e.V.

Berlin, 20. Januar 2021

Kontext

  • 99 der Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319) soll wie folgt geändert werden:

„(2) Statt einer Beschlagnahme kann der Richter, unter den Voraussetzungen des § 100 auch der Staatsanwalt, von Personen oder Unternehmen, die geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringen, Auskunft über die in Absatz 1 [1] genannten Sendungen verlangen, die vom Beschuldigten her-rühren oder für ihn bestimmt sind. Die Auskunft wird auch über solche Sendungen erteilt, die sich bei Eingang des Ersuchens nicht mehr oder noch nicht im Machtbereich der Person oder des Unternehmens befinden.“

Darüber hinaus soll auch Artikel 10 des deutschen Grundgesetzes eingeschränkt werden:

„Das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird durch Artikel 1 Nummer 2 eingeschränkt.“

Das anhaltende Wachstum des digitalen Einzelhandels hat zu stark steigenden Mengen an Postsendungen [2] geführt. Bereits in der letzten Dekade kam es vermehrt zu Abgabenhinterziehung, Falschdeklarierung des Sendungsinhaltes, aber auch zum Versand von Gütern die Gesundheit oder auch die Sicherheit beim Transport gefährdet.

Digitale Vorabmeldungen zu jeder Warensendung

Warenpostsendungen die im Netz des Weltpostvereins (www.upu.int) zugestellt werden, müssen seit den 1 Januar 2021 digital vorabgemeldet werden. Dabei bleibt es, nach den Vertragswerken des Weltpostvereins (Artikel 20.002 der Konvention), den benannten Postbetreibern überlassen, diese Warensendungsdaten den Behörden zugänglich zu machen.

Analog zur geplanten Änderung der StPO ist der deutsche Gesetzgeber aufgerufen, es nicht dem Ermessen des benannten Postbetreibers für Deutschland zu überlassen, die seit dem 1. Januar 2021 durchgehend vorab verfügbaren Warensendungsdaten für grenzüberschreitende Warensendungen den deutschen Behörden verfügbar zu machen, sondern eine entsprechend gesetzliche Grundlage zum verpflichtenden Austausch von Warensendungsdaten mit den deutschen Behörden zu schaffen.

Mit der Umsetzung des EU MwSt. Ecommerce Pakets, gilt mit 1 Juli 2021 gleiches. Die verbindliche Vorabmeldung von grenzüberschreitenden Warensendungen (Paketen [3]) für alle Paketzustellbetreiber in der EU, oder auch in die EU aus Drittstaaten.

Der deutsche Gesetzgeber ist aufgerufen, die notwendigen, gesetzlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen für die digitale Identifizierung der Postbetreiber (Post-, Kurier-, Express- und Paketzustelldienstleister), sowie die ein-eindeutige Vergabe von Transportkennzeichnungen und deren digitale Verwaltung festzuschreiben [4]. Dies etwa durch eine entsprechende Kompetenzerweiterung der Bundesnetzagentur.

MwSt.- & Zoll- Aktionsplan der EU: Weitere Digitalisierung der Informationen

Neben den heute bereits vorliegenden Daten zum Transport (der Identifikation der Sendungen über einen ein-eindeutigen Barcode auf jeder Paketpostsendung) werden die Frachtinformationsdaten noch ergänzt.

Ziel ist es, vor dem Versand von Waren, normierte und harmonisierte Daten zum Inhalt, deren Herkunft und deren Konformität mit gesetzlichen und regulativen Vorgaben, vorab verfügbar zu machen.

Mit dem Green Deal werden diese Dateninhalte auch um Informationen zur Verpackung und Angaben zu Kreislaufwirtschaft erweitert.

 

EU-Mandate zur Normung und Harmonisierung der Daten und deren Darstellung

Bereits 2008 im Mandat der Europäischen Kommission an das Europäische Komitee für Normung (CEN) wurde begonnen die notwendigen technischen Spezifikationen für alle Marktteilnehmer zu erarbeiten, um die zunehmende Digitalisierung des Warenzustellmarktes in der EU zu begleiten. Heute stehen die notwendigen technischen Spezifikationen zur Verfügung oder werden dem Stand-der-Technik gemäß laufend angepasst und ergänzt

Der deutsche Gesetzgeber ist aufgerufen, die nach den Rahmengesetzen (wie dem vorliegenden Gesetzesentwurf) notwendigen technischen und nachrichtenspezifischen Normierungen, zur Umsetzung durch die Wirtschaftsbeteiligten [5], gezielt durch dazu geschaffene Normungsorganisationen (Deutsches Institut für Normung; DIN) zu unterstützen, um rasch eine breite Umsetzung zu erreichen.

[1] Zulässig ist die Beschlagnahme der an den Beschuldigten gerichteten Postsendungen und Telegramme, die sich im Gewahrsam von Personen oder Unternehmen befinden, die geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken. Ebenso ist eine Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen zulässig, bei denen aus vorliegenden Tatsachen zu schließen ist, dass sie von dem Beschuldigten herrühren oder für ihn bestimmt sind und dass ihr Inhalt für die Untersuchung Bedeutung hat.

[2] „Postsendung“ eine adressierte Sendung in der endgültigen Form, in der sie von einem Postdiensteanbieter übernommen wird. Es handelt sich dabei neben Briefsendungen z. B. um Bücher, Kata­loge, Zeitungen und Zeitschriften sowie um Postpakete, die Waren mit oder ohne Handelswert enthalten. (RICHTLINIE  97/67/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität, in der derzeit geltenden Fassung [Richtlinie 2008/6/EG]

[3] „Paket“ eine Postsendung mit Waren mit oder ohne Handelswert außer einer Briefsendung mit einem Höchstgewicht von 31,5 kg. (VERORDNUNG (EU) 2018/644 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 18. April 2018 über grenzüberschreitende Paketzustelldienste)

[4] Die dazu notwendigen technischen und nachrichtenspezifischen Normen wurden bereits durch das europäische Komitee für Normung (CEN) unter Mandaten der Europ. Kommission, nach Art. 20 der Postdienste Richtlinie erarbeitet, oder werden laufend ergänzt und dem Stand-der-Technik angepasst. An diesen Arbeiten sind die Wirtschaftsbeteiligen aus Deutschland über das DIN einbezogen.

[5] Beginnend von den Daten die bei einem digital gestützten Einzelhandelsverkauf online verfügbar sind, bis zu den individuellen Zustellpräferenzen in einer umweltfreundlichen Zustellung

Über den logistic-natives e.V.

Der logistic-natives e.V. ist das mittelstandsgeprägte internationale Logistik-Infrastruktur Netzwerk des modernen Handels. Der Verband vertritt aktiv die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen von über 30.000 Branchenunternehmen. Dabei unterstützt der logistic-natives e.V. überwiegend bei der Befähigung zur fortschreitenden Digitalisierung von Unternehmen und der Zustellung von Handelswaren durch digitale Kommunikationsmedien im Sinne der Zustelloptimierung, Nachhaltigkeit, life-cycle Management, Kreislauflogistik und Retourenmanagement. Das Netzwerk ist mit seiner pragmatischen Expertise Ansprechpartner für Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und andere Institutionen, um nationale und internationale Lösungen für den modernen Handel zu schaffen. Dabei sie sich der logistic-natives e.V. als Querschnittsverband zu verschiedenen Branchen rund um den Handel.

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Über den BdKEP

Der Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V. vertritt seit 1990 die gewerbepolitischen Interessen der Unternehmer und Unternehmen der Kurier-, Express-, Paket- und Briefdienste und ist Ansprechpartner für Politik, Ministerien, Behörden, Presse und Brancheninteressierte. Der Verband hat über 2.500 Mitglieder und setzt sich für offene KEP Märkte ein. Dazu arbeitet er mit Technologieanbietern, KEP-Unternehmen, Institutionen, Politik- sowie Verbrauchervertretern zusammen, die sich gemeinsam für den diskriminierungsfreien Zugang für alle Marktteilnehmer einsetzen.

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